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Bernard Ostersiek © 2.6.2006
Selbstsüchtig
Das bleiche Gesicht
einer Fremden verdirbt mir
die eig'ne Trauer.
Vergeblichkeit
Kein Wunder geschieht
mehr in unseren Tagen.
Träume sind nutzlos.
Liebestod
Erloschene Glut
deiner Liebe erstickt mich
mit ihrer Asche.
Erziehung I
Die ordnende Hand
hinterließ ihre Spuren
in meinem Gesicht.
Erziehung II
Un(tertanen)geist:
Der Fuß der Altvorderen
in meinem Nacken.
Spätfolge
Die Erinnerung
an Kindheitserfahrungen
weicht nicht und tötet.
Genug
Versuchstier, gequält
und rechtlos, will ich nicht sein.
Die Kindheit reichte.
Frühlingshoffnung
Das knospende Grün.
Es kämpft sich mühsam ans Licht.
Schein' dieses auch mir !
Sommerweg
Sommerwind, Wärme.
Sonne hütet das Leben,
erhellt meinen Weg
Herbsttöne
Rascheln der Blätter.
Schonungslos raunt es mir zu:
Das Ende ist nah.
Herbst II
Silberstreif im Haar
blendet; verbirgt jedoch nicht
das Sinken des Sterns.
Wintereis
Winterlicht dämmert,
fahler Verkünder des Nichts.
Seelen erstarren.
Geblendet
Die scharfe Kante
der Schatten quält das. Auge.
Licht hat seinen Preis.
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Bernard Ostersiek © 2.6.20066
Eingesperrt
Durchs Fachwerkgerüst
malt das Licht auf meine Haut
ein Schattenraster.
Als Kerkerfenstergitter
scheint es auf meine Seele.
Die Stadtstreicherin
Sie mag neunzehn sein.
Dumpf mit glasigen Augen
lehnt sec an der Wand.
Die Neigung der Bierdose
zeigt ihr den Weg zum Abgrund.
Erziehung III
Zahlreiche Schrammen
auf der menschlichen Seele
scheinen rätselhaft.
Unerhört war der Freibrief
Erziehungsberechtigung.
Reflexion
Ehre sie beide,
auf dass du lange lebest,
verlangt ein Gebot.
Müßig der Traum von Ehre,
auch wenn sie dich zerstören.
Zweifachmanko
Gerechtigkeitssinn
ist bei Kindern früher da
als das Sprachgefühl.
Manche Eltern können nicht
einmal fehlerfrei sprechen.
Wunsch
Schenke den Morgen
mir, und ich werde allein
den Tag ertragen.
Es kommt auch keine Angst auf
vor Schatten der Dunkelheit.
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